Anfang: 13. November 2008
30. November 2008 · 7. Dezember · 14. Dezember · 28. Dezember · 14. Januar 2009 · 31. Januar · 6. Februar · 24. Februar · 12. März · 25. März · 20. April · 4. Mai · 8. Mai · Abschlussbericht vom 15. Juli · Weihnachtsgrüße 2009
Liebe Freunde,
ich möchte mich für die vielen Zuschriften und Anrufe bedanken, die alle Euer Mitgehen und Beteiligtsein zum Ausdruck bringen. Jede einzelne Reaktion ist für mich wichtig. Sie drücken aus, dass ich gewünscht bin, und geben mir zusätzliche Kraft für die auf mich zukommende Therapie. Danke.
Die Schonfrist ist vorbei, morgen geht es los. Mein Kopf wird mit einer Atombombe zerschossen. Nicht der ganze, nur ein Teil davon. Der schlechte Teil. In sechs Wochen, so die Prognose und meine Hoffnung, bestehe ich nur noch aus meinem guten Teil.
Entschuldigung – mein Galgenhumor gehört auch zu meiner Bewältigungsstrategie. Auch bei meiner Stent-Implantation vor 6 Jahren habe ich überall verkündet, ein Eisenrohr wird in mein Herz gestochen, wodurch es wieder gesund werden soll. In der Zwischenzeit habe ich zwar herausgefunden, dass Stents nicht aus Eisen, nicht einmal aus Metall angefertigt werden, aber der Spruch hat sich so gut angehört …
Von den ABC-Waffen wird in der Therapie auch noch C eingesetzt. (B wird zwar häufig ebenfalls empfohlen, aber ich bin kein Alternativ-Fan: Bio-Krebsbehandlung ist nicht gerade das, worauf ich mein Vertrauen setzen möchte.) Dies – die Chemotherapie – wird vermutlich das Unangenehmste im Prozedere sein. Es ist zu erwarten, dass ich eine Weile künstlich ernährt werden muss, weil das Schlucken so schmerzhaft sein wird. Wenn ich mir die ganzen Nebenwirkungen so ausmale, ist mir … – na ja, jetzt müsste ich schreiben mulmig zumute, oder bange, oder Angst, aber das stimmt nicht.
Das ist das zweite Erstaunliche an der Geschichte. von dem ersten, der totalen Abwesenheit von Todesangst, habe ich schon berichtet (). Viele sagen, der Tod sei nicht so schlimm, das Sterben sei schlimm, das damit verbundene Leiden und die Schmerzen – das, was (auch ohne Tod) jetzt auf mich mit der Therapie zukommt. Man hört Horrorgeschichten und ich habe das Blatt mit allen möglichen Nebenwirkungen unterschrieben, die auftreten können…
Bis jetzt habe ich ein weitgehend schmerzfreies Leben geführt und auf das bisschen, was es doch gab, habe ich eher schlecht reagiert: Bei Blutabnahme wurde mir schon oft schlecht und das Schlimmste an jeder Warzenentfernung ist der erste Stich für die Anästhesie. Da muss ich wieder an die Anfangszeit meines neuen Lebens zurückdenken, als ich vor 32 Jahren das erste Mal als Gläubiger wieder zum Zahnarzt musste. Bis dahin zögerte ich den Gang immer wieder hinaus, weil ich immer Angst hatte. (Meine Zähne sind wohl wegen der Nachkriegsernähung als Baby und der zahnärztlichen Versorgung in den 50-ern/60-ern in Osteuropa ziemlich schlecht.) Das Verständnis, dass Jesus Christus am Kreuz viel Schlimmeres erleiden musste, überwand damals meine Angst vor Schmerzen. Seitdem bin ich zwar kein leidenschaftlicher Zahnarztbesucher geworden, aber es macht mir nichts aus, Bohren und Füllen ohne Spritze zu ertragen.
Jetzt weiß ich nicht genau, welche Leiden auf mich zukommen. Aber die Angst davor ist völlig weg. Jesus am Kreuz hat nicht nur Schmerzen erleiden müssen, sondern hat sich auch von Gott verlassen gefühlt (daher ist eins seiner letzten Worte: „Oh Gott, oh Gott, warum hast du mich verlassen?“). Seinem Opfer kann ich jetzt verdanken, dass mir gerade das Gegenteil passiert: Ich fühle mich von Gott dermaßen getragen, wie noch nie in meinem Leben. Ich kann mich ihm völlig anvertrauen und von ihm erwarten, dass das, was er mir zumutet, auch erträglich sein wird und er mir auch die Kraft dazu geben wird.
Seelisch-emotional geht es mir daher hervorragend; gemessen an den Umständen eigentlich unnatürlich gut. Körperlich … – das ist so eine Sache. Ich werde schwächer, und ich denke, ständig etwas Fieber zu haben. Meine Klagen (Ohrensausen, Pulsieren, Kopfschmerzen und so – mitten in der Nacht nehme ich immer eine halbe Schmerztablette, um schlafen zu können) werden täglich oder eher wöchentlich stärker, daher bin ich des Wartens satt. Ich freue mich richtig auf die Therapie – so absurd es sich auch anhört. Das Ding in meinem Kopf soll nicht weiter wachsen, es soll zerschossen werden! Selbst wenn es etwas Weh tut.
Praktisch sieht es so aus, dass ich morgen (am 1.12.08) früh stationär in die Virchow-Klinik (gleich neben der TFH) aufgenommen werde (für eventuelle Besucher: Station 61 in der Radiologie), zu Anfang aber wahrscheinlich nur für einige Tage. Später – für die künstliche Ernährung – wahrscheinlich noch mal etwas länger. Sonst wird mich meine Frau täglich zur Bestrahlung transportieren, was körperlich ziemlich beanspruchend sein soll. Anschließend werde ich grüner leuchtende Zähne haben als ganz Tschernobyl :-). Die Bestrahlung wird mit modernster (experimenteller?) Technik punktgenau von täglicher MRT-Kontrolle gesteuert durchgeführt. Hoffentlich haben wir unseren Medizininformatikern an der TFH Qualitätsmanagement gut genug beigebracht, sodass sie bei der Softwareentwicklung keine Fehler übersehen haben – die gesunden Zellen sollen weitgehend verschont bleiben.
Unterstützend dazu bekomme ich eine leichtere Sorte von Chemotherapie, was sich etwas tröstlich anhört. Sie soll auch meine geschwollenen Lymphknoten wieder zur Ruhe bringen, die schon ein Zeichen dafür sind, dass weiteres Warten kein gutes Ende haben würde…
Ich muss von noch einem Aspekt berichten, nach der tiefen Gotteserfahrung vielleicht das Beste in dieser Geschichte. Es ist meine Familie. Mit meiner Frau haben wir die zwei schönsten (konfliktfreiesten) Wochen unserer Ehe verbracht (warum muss man dazu Krebs bekommen?!) und mit den Kindern ist meine Gemeinschaft (teilweise per Skype oder Telefon) intensiver und tiefer als je zuvor. Ich verbringe meine (übrig gebliebene?) Zeit nicht mehr im Arbeitszimmer (hab sogar die Heizung abgeschaltet) sondern im Wohnzimmer und genieße das Leben. (Auf English heißt es doch living room.) Ich sitze vor dem Kaminfeuer (da es mir häufig kalt ist; die Wärme tut besonders meinem Gesicht und Ohr gut), überlege ab und zu, ob ich noch was zu erledigen habe – und es fällt mir nichts ein. Meine Frau merkt mein Wohlergehen daran, dass ich mehr Klavier spiele als irgendwann in den letzten Jahren: lange nicht mehr gespielte Sonaten, Fugen, alte und neue Lobpreislieder. Ich denke dabei auch nach. Mein Rückblick bestätigt, dass mir die Fülle des Lebens zuteil geworden ist; man kann sich nichts mehr wünschen. Ob es sich noch fortsetzt oder nicht, ob mit Schmerzen oder ohne – ich kann dafür meinen Gott nur loben und ihm danken.
Ich grüße euch alle ganz herzlich
Andreas Solymosi
Fürs Wochenende bin ich unter Auflagen freigelassen worden. Ich bin also auf Heimgang. In der ersten Woche der Therapie haben wir nur den elektrischen Stuhl geübt: Ich bin (mit Hilfe einer extra für mich angefertigten Maske) für 15 Minuten bis zur Unbeweglichkeit festgenagelt worden und mit den verschiedensten lila, pink und unsichtbaren Strahlen beschossen worden. Das Unangenehmste dabei ist, wo kleine blaue Atombomben in meinem Gehirn explodieren, beispielsweise wo so ein Atomstrahl den Sehnerv erwischt. Aber der eigentliche Henker kommt erst morgen. Er wird sein Foltergefäß (einen Port) in meine Brust einpflanzen und seine Säuren und Laugen in meinen Körper schenken, damit sie mich von innen zerätzen und zerfressen. Natürlich nur den schlechten Teil von mir. Auf Deutsch: Die Chemotherapie fängt (teilweise aus organisatorischem Chaos heraus) erst in der zweiten Woche an. Daher weiß ich nicht, ob ich nächstes Wochenende auch noch meine morbiden Bewältigungswitze ins Internet stellen werde, aber im Moment geht es mir noch – obwohl körperlich eher solala – hervorragend. Die Beschwerden sind vor allem Nebenwirkungen der Strahlungstherapie: Kopfschmerzen, verbranntes Gesicht, voller Nase, schlechter Schlaf. Habt ihr schon mal Sonnenbrand im Mund innen drin gehabt?
Es heißt, ich soll darauf achten, dass ich kein Gewicht verliere. In den letzten zehn Jahren habe ich mich bewusst trainiert, um meinen Bauchumfang im Rahmen zu halten: Zuerst habe ich aufs dritte Brötchen beim Abendessen verzichtet, dann aufs zweite, dann auf die zweite Hälfte. Jetzt muss ich umgekehrt: Ich greife zu den dicksten Butter-Sahne-Käse-Schwarzwälder Kuchen mit dreichfach-Schokosoße, um genügend Kalorien zu mir zu nehmen. Das Problem ist: Es schmeckt nicht. Mit verbrannter Mundschleimhaut ist die beste Speise ungenießbar. Ich muss jeden Biss bewusst herunterdrücken und hinterher habe ich ein unangenehmes Völlegefühl. Ich soll aber schauen, dass ich kein Gewicht verliere. Das alles soll allerdings das Schlimmste im Laufe dieser Therapie sein.
Das Körperliche bleibt also im Rahmen, seelisch fühle ich mich – gemessen an den Umständen – wirklich außergewöhnlich hervorragend. Ich bin sehr dankbar, dass ich Gottes Gegenwart (auch 15 Minuten lang festgenagelt im Mevatron, der Bestrahlungsmaschine) deutlicher als je wahrnehme. Einer der Kanäle, wie Gott mir seine Liebe offenbart, ist die große Anzahl von Mitgefühlbekundungen: Eine Postkarte, die alle Studenten eines Kurses unterschrieben; zahlreiche E-Mails (manche sind nur zufällig auf meine Internetseite gekommen), SMSe, Klinikbesuche, Anrufe aus allen Teilen der Welt zeugen davon, dass es Menschen gibt, denen mein Wohlergehen nicht gleichgültig ist. Ich bin noch nie so oft umarmt worden. Stellt euch vor, meine Hautärztin; sie kommt ins Behandlungszimmer, auf mich zu und drückt mich. Im ersten Moment war ich recht verblüfft, dann hat es sich aber herausgestellt, sie hat es von ihrem Bruder gehört und sie beten für mich. Ist das nicht schön? Kein Wunder, dass es mir seelisch gut geht. Wie lange, weiß ich nicht; es kann sein, dass es nächste Woche mit der Chemo ein Elend sein wird. Aber ich weiß, dass auf einer noch tieferen, der geistlichen Ebene ich von Gott genauso getragen werde. Deswegen habe ich keine Angst sondern stehe ich dem Kommenden mit großer Zuversicht entgegen. Zu Gottes Ehre.
Wer regelmäßig beten möchte, kann von meiner Frau aktuelle Gebetsanliegen bekommen: a at solymosi dot com. Wer über meine Updates in Zukunft benachrichtigt werden möchte, melde sich auch an der Adresse.
Ich grüße euch alle ganz herzlich
Andreas Solymosi
Heute keine Witze. Es ist mir nicht danach. An der Chemotherapie liegt es nicht so sehr, obwohl sie nicht das ist, womit man seinen nächsten Urlaub verbringen möchte. Vielmehr bin ich von der Erhabenheit Gottes ergriffen. Er hat mir seine Liebe, seine Nähe, sein Beteiligtsein noch nie dermaßen geoffenbart, wie während der – zugegeben, recht strapaziösen – letzten Woche. Obwohl es mir stellenweise recht elend ging, habe ich an jedem Schritt nicht nur gespürt, dass ich nicht alleine bin, sondern immer wieder durch deutliche Zeichen wahrgenommen. Die Vision einer Beterin beschreibt meinen Zustand so eingehend, dass mit beim Lesen die Tränen kamen; Gott lässt sich nicht nur erfahren, sondern er sagt auch: „Das ist keine Psychologie oder positives Denken, das bin ich!“
Liebe ___, ich habe vorhin für euch gebetet und Gott um eine Zusage für euch gebeten. Ganz plötzlich hatte ich eine eigenartige Vision und da ich ja in Gedanken bei euch war, nehme ich das mal als ein Bild für euch. Falls ihr damit gar nichts anfangen könnt oder es einfach zu belanglos ist, „schmeißt“ es weg.
Ich sah einen Mann zunächst zwischen mannshohen Kakteen mit großen Stacheln, barfuss. Es war sehr warm, fast heiß, es war ein flaches Wüstengebiet, von hohen Bergen umgeben. Ich selbst sah den Mann immer von schräg hinten, ich war direkt hinter und über ihm. Gleichzeitig fühlte ich alle Sinneseindrücke wie er, den heißen Sand an den Füßen, die Sonne auf dem Kopf seine Blickrichtung usw. Wir gingen durch die Kakteen hindurch zu einer Straße, wendeten uns dann nach rechts da so die Sonne uns nicht blenden konnte. Wir gingen neben der Straße durch den Sand, nicht auf, weil das unseren Füßen nicht gut getan hätte, der Sand war weich genug. Die Straße scheint sehr lang zu sein, hat aber ein Ende. Plötzlich stellte ich die Frage, dass es doch in einer solchen Wüste Schlangen gibt. Die Antwort war sofort, es besteht keine Gefahr.
Meine Auslegung zu diesem Bild: Die Wüste ist real, groß, heiß, der Mann ist völlig schutzlos, die Umgebung biete keinen Schutz, es gibt nur Dornen, aber eine Straße heraus. Jesus ist dicht hinter Andreas, über ihm, er ist sehr viel größer als Andreas und er schützt ihn die ganze Zeit vor der starken Sonne, so dass sie ihn nicht verbrennen kann, fast als Schatten, Jesus fühlt alles mit, sieht alles und dennoch ist da die ganze Zeit ein durchgehender extremer Friede, die schutzlosen Füße werden nicht verletzt auf diesem langen Weg, Schlangen können nicht schaden und beißen. Das Tempo diese Gehens ist normal, der Blick ist hauptsächlich auf die Füße und den Sand und die Schritte gerichtet, selten auf die Umgebung. Meine Empfindungen in diesem Bild könnte ich beschreiben mit sehr sehr friedlich, beschützt und zuversichtlich. Soweit, ihr Lieben ich weiß nicht wie es euch geht, in vielen Gedanken bin ich bei euch.
Am Montag habe ich einen Port eingesetzt bekommen – dies ist eine Art venöser Zugang mit einem Unterhautbehälter unter dem Schlüsselbein. So scharfe Medikamente müssen unmittelbar in den Kreislauf geschüttet werden, Magen und Armvene würden schnell darunter kaputtgehen. Der erste Tag der Chemotherapie verlief locker, erst am zweiten ist es mir schlecht geworden. von da an konnte ich nichts mehr essen, meine Verdauung ist stehen geblieben, usw. Das alles parallel zu einer gehörigen Portion täglicher Bestrahlung, worunter meine Gesichtshaut verbrennt (muss intensiv nachgepflegt werden), Geschmack- und Geruchstörungen auftreten – die üblichen Nebenwirkungen. Wobei, alles bleibt im Rahmen. Es könnte mir viel schlimmer gehen. Abgesehen davon, dass ich eher schwach bin, fühle ich mich am Wochenendurlaub (wo ich mich für zwei Tage von den Therapien erholen kann) wieder fidel.
Wofür ich auch sehr dankbar bin, dass ich seit einigen Tagen ohne Schmerztablette schlafe, wie schon seit einigen Monaten nicht mehr. Offenbar schlägt die Therapie an und der Druck auf Nervenstränge lässt nach und mein Kopf tut nicht mehr weh.
Was allerdings eine Enttäuschung ist, dass bis zum Ende der Therapie (ich bin jetzt bei einem Drittel) keine Diagnose gestellt werden soll. Die Ärzte glauben doch auch an Spontanheilung! Ich nenne sie zwar Heilungswunder Gottes und ich rechne damit, Strapazen würden mir trotzdem nicht erspart bleiben. Und es kann noch schlimmer kommen (muss aber nicht).
Im weiteren Verlauf bekomme ich noch wöchentlich einmal Chemo stationär, sonst kann ich zu Hause bleiben und muss täglich zur Bestrahlung hin. Zum Schluss kommt nochmals eine dicke wochenlange Chemo, aber so weit schaue ich noch nicht: Ich richte meine Blicke direkt vor die Füße. Jeder Tag hat seine eigenen Sorgen.
Ich bekomme ziemlich viele verschiedene Zuschriften und Empfehlungen über alternative Krebsbehandlungsmethoden. Grundsätzlich kann ich dazu sagen, dass ich viel zu sehr naturwissenschaftlich geprägt bin, um solchen Parawissenschaften viel Vertrauen zu schenken. Nicht, dass ich den Erfolgsberichten nicht glauben würde, oder gar die Überlegungen und Erklärungen nicht für einleuchtend halten würde. Ich weiß einfach bei weitem viel zu wenig, um ein Urteil über sie bilden zu können. Bei der Entscheidung, welche Therapien angewendet werden oder nicht, muss ich mich jemanden anvertrauen, von dem ich annehme, dass er genug für solche Urteile weiß. In diesem Fall ist das mein Arzt. Er hat mir keinen Erfolg garantiert, bestenfalls kann er überhaupt nur über Statistiken sprechen und Risiken und Effekte abwägen. Die Medizin ist ja nichts als reine Mathematik. Weil wir über die Ursachen der Prozesse im menschlichen Organismus fast nichts wissen, bleibt uns nichts anderes übrig, als Symptome (wenn auch oft ziemlich tief) zu behandeln, Versuche durchzuführen und über die Ergebnisse Statistiken zu führen. Das geht schon seit Jahrtausenden so, heute sind nur unsere Auswertungswerkzeuge besser.
Die Methoden mit besseren Statistiken schlagen durch. Sicherlich gibt es irgendwo in der Welt auch andere Methoden, viele experimentelle und sehr viele „alternative“. Andere Kliniken auch in Deutschland behandeln meine Erkrankung teilweise ein bisschen anders als hier in Berlin. Alle Chefärzte haben ihren prägenden Hintergrund, besuchen Konferenzen, lesen Artikel, diskutieren mit Kollegen – so entsteht Expertise. So wie ich auch meine Expertise in meinem Beruf entwickelt habe. Ich bin nicht perfekt, mache auch Fehler, aber meine Statistik sieht nicht schlecht aus – ich mache meine Arbeit meistens erfolgreich und nach bestem Wissen. So auch in der Schulmedizin. Warum die alternativen Methoden nicht akzeptiert und angewandt werden? Weil ihre Statistik nicht so gut ist. Es gibt (möglicherweise nicht wenige) Einzelfälle, die gerade durch Nahrungsmittelergänzungen oder kaspische Algen Heilung vom Krebs erfahren – die Statistik bleibt aber schlecht. Wäre das nicht der Fall, kann ich mir keinen Wissenschaftler (-Kollegen) vorstellen, der aus Prestige-, Finanz- oder welchen auch immer Gründen den Erfolg nicht veröffentlichen würde. Dazu bräuchte man eine ganze Verschwörung, da Innovationsbereitschaft in die Mechanismen der heutigen Wissenschaft inhärent eingebaut ist (s. z.B. neu gegründete Universitätsinstitute für Akupunktur, in Augen von vielen immer noch eine Parawissenschaft). Sicherlich gibt es auch ganz revolutionäre Konzepte, die nicht durchschlagen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür (wieder Mathematik!), dass gerade in meinem Spezialfall eine (statistisch) viel bessere Therapie existieren würde, ist sehr gering.
Auffällig bei allen alternativen Heilmethoden ist, dass sie meistens ganz generell von „Krebs“ sprechen und dafür Heilung anbieten. Dabei ist dies nur ein Sammelname für eine große Anzahl von unterschiedlichen Krankheiten (mit gemeinsamen Charakteristika) – als ob jemand einen Universalimpfstoff gegen allen Vireninfektionen erfinden würde oder ein Mittel gegen Umweltverschmutzung oder einen Zauberspruch gegen alle menschliche Dummheit. Ich weiß, die meisten Ratschläge sind gut gemeint. Aber sie spiegeln auch immer eine gewisse Fehleinschätzung der eigenen Urteilsfähigkeit wider – als ob man als Laie in der Lage wäre, sich genug Halbwissen aus dem Internet zusammenzutragen, um Urteile zu bilden. Ihre Motivation stammt aus dem (in unserer Zeit) schwindenden Vertrauen gegenüber gesellschaftlichen (wie staatlichen) Institutionen. Überall wird Profitgier, Machtstreben, Karrieresucht usw. vermutet – nicht ganz zu unrecht. Aber die verschiedensten Mechanismen (wie z.B. Moral, oder aber auch Flow) in unserer Gesellschaft sorgen weitgehend für Ausgleich, und die meisten, die ihre Arbeit tun, tun das nicht wesentlich schlechter oder besser als ich oder du. So auch meine Ärzte, und deswegen bleibe ich bei der von ihnen vorgeschlagenen Therapie.
Interessant die Argumentation zu hören: „An der Chemotherapie verdienen nur die Pharmafirmen“. Wenn ich Auto fahre oder mir ein Buch kaufe, daran verdienen auch die verschiedensten Leute und Firmen. Ich verdiene auch daran, wenn jemand ein Programm braucht, das von meinen Studenten erstellt wurde. Warum sollen sie nicht verdienen, wenn sie eine gute Arbeit geleistet haben? Ohne die Verdienste der Pharmafirmen in der Vergangenheit gebe es die Therapien nicht, und ohne die Verdienste von heute würden unsere Kinder genauso Schlimmes durchmachen müssen wie ich, wenn sie Krebs bekommen. Sicherlich gibt es Ungerechtigkeiten wie bei manchen Finanzchefs und Politikern, die bleiben aber bei uns im Rahmen (wie andere Ungerechtigkeiten wie Verbrechertum) und insgesamt leben wir in einer ganz gut funktionierenden Gesellschaft, in der ein Nasopharynxcarcinom noch kein Todesurteil ist. Oder?
Ich grüße euch alle ganz herzlich
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
wenn ich so meine Aufzeichnungen von vor fünf, vier oder drei Wochen lese, habe ich das Gefühl: Das waren Zeiten! Nicht, als ob irgend etwas daran nicht mehr stimmte oder ich gar ein Iota darin ändern würde. Nur es ist halt ein ganzes Stück leichter, solche Texte zu verfassen, wenn es einem geht, wie mir damals, als wie jetzt.
Das deutet schon an, dass ich drei recht harte Wochen hinter mir habe, wobei es mit mir schon wieder aufwärts geht – hoffentlich ein länger anhaltender Trend. Die erste Woche der Bestrahlungstherapie war ein Klacks – in der zweiten kam Chemo dazu, das war nicht mehr so sehr. In der dritten Woche ging es mir dann so schlecht, dass meine Ärztin (voll kompetent und einfühlsam) angefangen hat, sich Sorgen um mich zu machen. Das Schlimmste war, dass ich gerade am Wochenende vor Weihnachten, wo ich so gerne für ein Paar Tage nach Hause gekommen wäre, plötzlich eine Lungenentzündung mit 40° Fieber bekommen habe. Magengeschwür, wunde Mundschleimhaut, Nasenbluten und Bindehautentzündung waren nur noch nebensächliche Phänomene. Das waren einige echt kritische Tage. Da dabei die Bestrahlung ausgesetzt wurde, und während der Feiertage es sowieso eine Pause gab, ergab sich eine Erholungswoche, die mir schließlich gut getan hat, und in der Zwischenzeit geht es mir deutlich besser. Mal sehen, wie ich die restlichen drei Wochen Therapie überstehe, wo ursprünglich doppelt so viele Bestrahlungen geplant waren – ich denke kaum, dass sie so durchgezogen werden. Die Ärztin meinte, ich reagiere extrem intensiv, daher sind bei mir die ganzen Nebenwirkungen so besonders stark. Es entspricht auch ansonsten meinem gesamten Lebensgefühl: Das Gute kann ich überdurchschnittlich genießen und schätzen, während das Schlechte (wovon es, Gott sei Dank, bisher recht wenig gab) mir deswegen so schwer zusetzt.
Was ich aber auch in den kritischsten Stunden immer wieder habe weitersagen lassen: „Gott ist immer noch gut“. Das habe ich intensiver erlebt habe als die Übelkeit und das Fieber. Ich wusste die ganze Zeit, dass mir nichts Schlimmeres zustößt als was Er für richtig hält; rückblickend kann ich es auch bestätigen: Er hat mich die ganze Zeit getragen.
Gerade gestern hatte ich ein besonderes Erlebnis diesbezüglich. In der Früh hatte ich Bestrahlung, danach geht es immer eine Weile ziemlich auf und ab. Wo es mir dann wieder etwas besser ging, habe ich meine Frau gebeten, dass wir auf dem Stationsflur etwas spazieren gehen – 20 Meter hin und 20 zurück, schon eine Leistung in dem Zustand. Während des Spaziergangs überfiel mich eine unglaubliche Flut von Dankbarkeit. Gar nichts Konkretes, oder halt nur so einzelne Fetzen: für meine Frau, die mich die ganze Zeit (jeden Tag, teilweise über 12 Stunden in der Klinik) begleitet und gepflegt hat, oder dass mir so eine high-tech-Medizin zur Verfügung steht, oder dass ich überhaupt laufen kann (andere werden im Rollstuhl geschoben), oder dass es mir wieder besser geht – ich kann es gar nicht genau erfassen, aber dass war extrem. Und dann habe ich mir überlegt: Andere in meiner Lage sind wohl voll Bitterkeit und Klage, „Warum gerade ich?“ und schimpfen über die überlasteten Schwestern, die nicht schnell genug ihre Wünschchen erfüllen. Und ich kann so unglaublich dankbar sein, dass alleine ist schon ein Grund für Dankbarkeit – und das ist etwas Übernatürliches.
Hier sind noch Ausschnitte aus den Emails von meiner Frau an die Beter, die vielleicht alle interessieren dürften:
Ihr Lieben,
wir haben gestern einen sehr schönen Sonntag gehabt. Ein befreundetes Ehepaar aus unserer Gemeinde hat mit uns im Krankenzimmer Gottesdienst mit Abendmahl gefeiert und wir haben mit Gitarre und Liedern laut Gott gelobt. Am Nachmittag kam die Lobpreisband, in der unser Thomas mitspielt, die Schwestern haben uns erlaubt, den Aufenthaltsraum der Station zu nutzen und aus allen Zimmern kamen die Patienten. Andreas hat sich sehr gefreut und auch mir hat der gemeinsame Lobpreis sehr gut getan. Das Fieber war gestern auf 38 Grad gefallen.
Gerade kam ein Anruf von Andreas, er hat wieder sehr hohes Fieber. Ich werde jetzt in die Klinik fahren und bin sehr dankbar für Euer Mittragen und Mitkämpfen im Gebet.
Ihr Lieben,
in den letzten Tagen ist viel passiert. Ich versuche, in aller Kürze Euch daran teilhaben zu lassen. Letzte Woche wusste ich vom Kopf her sehr klar, dass Gottes Hilfe nicht zu spät kommen wird, aber mein Herz war immer wieder voller Angst. Als ich am Samstag einiges für Andreas eingekauft habe, war ich auf dem Weg zurück zur Klinik im Gespräch mit Gott und hatte den Eindruck, dass es nicht mehr schlimmer kommen wird. Als ich aufsah, stand neben mir ein weißer Kleintransporter mit der sehr großen Aufschrift "Jesus ist Herr". Obwohl das sicher für keinen von Euch etwas Neues ist, hat Gott ganz stark dadurch in mein Herz gesprochen. Jesus ist der Herr über alle finsteren Mächte, über jedes Bakterium und jeden Virus, aber auch über die Ärzte und das Pflegepersonal. Ihm entgleitet nichts.
Gestern Mittag hatte ich dann ein Gespräch mit Andreas´ sehr kompetenter, sehr netter Ärztin. Sie sagte mir sehr klar, dass sie sich Sorge um Andreas mache, wie er die weiteren Strapazen der Therapie verkraften würde. Seit gestern wissen wir, dass er eine Lungenentzündung und eine Entzündung des Gewebes über seinem Port hat. "Wir brauchen Ihren kurzen Draht nach oben", meinte sie. Ich nannte ihr den Vers der Jahreslosung 2009, und sie sagte, dass dieser Vers bestimmt für uns gezogen worden sei. Die ganze Zeit dachte ich, dass Jesus Herr ist und war völlig entspannt. Als wir in Andreas´ Zimmer kamen, ging es ihm deutlich besser und sie sagte sehr betont "Gott sei Dank".
Gott ist gut, voller Liebe, Kraft und Weisheit, Ihn wollen wir anbeten!
Ihr Lieben,
vielen Dank für Eure Gebete für Andreas: Das Fieber ist gefallen und unten geblieben, so dass Andreas am 24. 12. wieder bestrahlt werden konnte. Am Nachmittag habe ich meine Tochter vom Flughafen abgeholt, anschließend haben wir Andreas ins warme Auto gepackt, so dass er von 16 Uhr bis 20 Uhr zuhause sein konnte. Esther war aus Toronto über Skype zugeschaltet, hat mit uns Weihnachtslieder gesungen und beim Geschenke auspacken zugeschaut. Auch gestern war Andreas von mittags bis abends zuhause, gestern ging es ihm sogar richtig gut. Wir sind Gott von Herzen für dieses schöne Weihnachtsfest dankbar.
Es gibt noch ein großes Gebetsanliegen: Die Ärztin meinte, dass nur wenige Patienten so extrem auf die Bestrahlung reagieren wie Andreas. Er hat zwar von den sechs Wochen Therapie zeitlich die Hälfte hinter sich, von der Bestrahlungsmenge aber erst ein Drittel. Er hätte eigentlich ab vergangenem Montag zweimal täglich bestrahlt werden sollen. Wegen seines hohen Fiebers wurden aber am Montag und Dienstag Bestrahlung und Chemotherapie ausgesetzt. Die Ärztin meinte, dass manche Menschen eine genetische Besonderheit hätten, die sie überdurchschnittlich sensibel auf Bestrahlung reagieren lässt, die gute Nachricht dabei ist, dass auch die Tumoren überdurchschnittlich strahlensensibel sind. Eine Genanalyse würde drei Wochen dauern, wir wissen es also nicht, ob Andreas zu diesen Menschen gehört. Bitte betet, dass wir sehr klar von Gott hören, ob aus diesem Grund die Therapie vielleicht früher beendet werden soll. Ich bin sehr dankbar, dass Andreas jetzt wegen des Fiebers und der Feiertage eine Bestrahlungspause hatte, am Samstag wird er einmal bestrahlt, Sonntag ist wieder Pause. Bitte betet um Weisheit für die Ärzte, wie es dann ab Montag weitergeht. Ich habe heute Morgen die Geschichte von Daniel und seinen zwei Freunden im Feuerofen gelesen; bitte betet mit, dass Gott Andreas´ gesundes Gewebe auch auf besondere Weise vor der Bestrahlung schützt.
grüße euch alle ganz herzlich
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
Ich bin nach einem 7 Wochen langen Klinikaufenthalt endlich wieder zu Hause, kann aber leider noch nicht in Jubeltönen berichten. Es geht mir ziemlich elend – was allerdings recht normal ist nach den Strapazen, die ich erlitten habe, Chemo- und Bestrahlungstherapie gehören zu den Therapien, die den Organismus am meisten in Anspruch nehmen. Jetzt, da sie seit 5 Tagen zu Ende sind, bedeutet das bei weitem noch nicht, dass es mir gut geht, sondern nur, dass mein Körper angefangen hat, sich zu regenerieren. 4-6 Wochen braucht er mindestens, bis er es geschafft hat.
Davon werde ich die nächsten zwei zu Hause verbringen und neu lernen, mich in den Alltag einzufügen. Danach kommt eine Anschlussheilbehandlung, wo diese Regeneration auf allen Ebenen unterstützt wird. Dazu haben wir eine Spezialklinik in Bad Münder gefunden, die auf HNO und Onkologie (Krebs) spezialisiert ist. Hier werde ich lernen, wieder zu essen (im Moment werde ich künstlich über einen Magenschlauch ernährt), zu sprechen (wegen der kaputten Mundschleimhaut im Moment sehr, sehr mühsam) und irgendwie muss ich auch eine neue Haut wachsen lassen, wenn ich wieder unter menschliche Wesen kommen soll. Alles ist nämlich recht verbrannt, wie von der Sonne. Und noch Vieles, was normalerweise noch unter „Kur“ so läuft.
Im Moment sind am schlimmsten die Nächte. Nicht nur mein Körper, auch meine Seele kommt nicht zur Ruhe und Portionen von Schlafmitteln habe ich schon in der Klinik verbraucht, wo es noch darum ging, überhaupt durch die Therapie zu kommen. So sind die üblichen Portionen jetzt schon wirkungslos, und wenn ich nicht abhängig werden will, muss ich die mühsamen Nächte erleiden. Ohne Schmerz- und Abführmittel, ohne Hilfsmittel funktioniert noch gar nichts in meinem Körper richtig. Wie das noch werden soll?
Also, ich bin noch nicht durch. Ich bin weiter für Gebete dankbar, die sich bis jetzt auch schon so oft als wirksam erwiesen haben.
Mit lieben Grüßen
Andreas Solymosi
P.S. Ich hätte natürlich nach dem langen Schweigen wieder etwas auch in „Jubeltönen“ berichten können, aber das ist es halt, wie es mir geht, und bei Gott darf es einem auch schlecht gehen. Nichtsdestotrotz wollen wir die zahlreichen Gebetserhörungen nicht vergessen, die in der letzten Zeit nur einem kleinen Kreis zugegangen sind, von denen die meisten schon erfüllt worden sind und mein aktuelles Wohlergehen nur das Neueste ist. Ich werde in den nächsten Tagen einige Auszüge aus diesen Emails, die für die breitere Öffentlichkeit auch von Interesse sein können, zusammenzustellen.
Manche vergleichen die Strahlentherapie mit einer Mount-Everest-Besteigung. Es heißt, der Körper wird ca. im selben Maße in Anspruch genommen. Man meint auf den ersten Blick, wenn man oben angelangt ist, d.h. die Bestrahlung zu Ende ist, dass das Programm vorbei ist. Danach kommt aber der Abstieg, der nicht weniger beanspruchend ist. Der große Unterschied ist, dass beim Bergsteigen Schritt für Schritt alles eigene Anstrengung ist, während man bei der Therapie irgendwie nach oben geschleppt wird. Da kann man nicht viel dafür oder dagegen tun, höchstens man verweigert sich und stirbt. Das ist aber für die meisten in der Phase keine Alternative. Jetzt beim Abstieg ist es anders.
Jetzt kostet jeder Schritt extra Anstrengung. Man kann sich verweigern, aber dann muss derselbe Schritt morgen getan werden. Oder übermorgen. Man stirbt daran nicht, wenn man diese oder jede Salbe nicht aufträgt – die Mundschleimhaut tut höchstens länger weh. Selbst daran stirbt man nicht, wenn man das Schlucken nicht trainiert, da dauert dann nur die künstliche Ernährung (auch zu Hause) länger. Aber selbst diese ist ein Kampf. Die tägliche Menge der Kalorien ist vorgeschrieben und nimmt 8-10 Stunden des Tages in Anspruch, bis man die Stoffe (werden geliefert) über die PEG (eine Magenöffnung) in den Magen pumpt. Das schlimmste dabei ist nicht die Pumpe (die ist elektrisch), sondern was mache ich während dessen? Man kann schlafen oder lesen oder rumlaufen – die Geschwindigkeit muss dementsprechend eingestellt werden. Wenn ich meine Meinung ändere (weil ich z.B. nicht einschlafe), muss die Pumpe umgestellt werden.
Wenn ich mich dabei verweigere, dann wird einerseits meine Frau unzufrieden, andererseits werde ich dann schwächer und das ganze Prozedere dauert nur noch länger. Schließlich würde das Gesetz vorschreiben mich zwangszuernähren, ob ich meine Zustimmung dazu gebe oder nicht. Wenn meine Frau mitmacht und mich versteckt, macht sie sich der Beihilfe zum Selbstmord schuldig. Das ist aber natürlich alles Quatsch, ich will nur zeigen, dass es zu allem keine Alternativen gibt. Wie beim Aufstieg, ist auch jetzt jeder Schritt vorgegeben, nur dass es jetzt eigene Anstrengung kostet.
Das schwierigste sind die Nächte, weil man hormonell-drogenmäßig sowieso schon total durcheinander ist. Ohne Schlafmittel geht gar nichts. Welches, wie viel, wann? Was, wenn es nicht klappt und was gestern einigermaßen ging, heute überhaupt nicht geht? Dann muss ich meine Frau (mit schlechtem Gewissen) um 3 Uhr in der Nacht wecken und sie entscheiden lassen – etwas, wovon sie richtig viel versteht: Gemütszustände, Unruhe, Schwitzen, rasende Gedanken – das ist ihr Fachgebiet, die Psychiatrie. So hat sie mich bis jetzt durch jede der 10 Nächte gebracht, seitdem ich aus der Klinik zurück bin. Mit großer Selbstaufopferung. Ich hoffe nur, dass sie mich aus diesem Wirrwarr von Mitteln, zwischen denen ich jetzt balanciere, auch herausschleifen können wird.
Das Gute ist aber, dass es auch Gutes gibt. Man merkt den Fortschritt. Wenn ich mir überlege, wie es mir vor einer Woche in dieser oder jener Situation erging, dann fange ich wieder an, Gott zu preisen, was mir – muss ich doch zugeben – in den schwierigsten Zeiten schwer gefallen ist. Jetzt kann ich z. B. schon wieder lächeln (eine Nebenwirkung der Bestrahlung war eine Kiefergelenksperre, die Lächeln unmöglich gemacht hat). Oder der Arzthelferin etwas Nettes sagen – letzte Woche tat meine Zunge noch zu sehr weh dazu. Das tut sie zwar immer noch, aber das zeigt doch eine Gemütsveränderung, wofür ich Gott danke, dass er mich so weit gebracht hat.
Herzliche Grüße
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
Jeder Tag ist ein Stück besser. Aber es geht sehr langsam vorwärts und meine Geduld hält sich in Grenzen.
Ich kann nicht schlucken, deswegen werde ich über eine Magensonde ernährt. Das bedeutet täglich 6-8 Stunden an einer Pumpe angeschlossen zu sein. Bis jetzt hing sie an einem Infusionsständer. Seit gestern habe ich einen Rucksack, damit bin ich zumindest beweglich (allerdings mit etwas Rückenschmerzen). Das Gute dabei ist, dass ich jetzt viel aktiver sein kann von auch während der Nahrungsaufnahme meine Emails checken, usw. Deswegen auch die Kapazität für diese neue Seite hier.
Sprechen kann ich auch noch schlecht. Mein ganzer HNO-Bereich ist noch voll entzündet, verschleimt, tut weh (insbesondere die Zunge) und ist schlecht beweglich (Kiefergelenk, Mund). Deswegen nehme ich keine Telefonanrufe entgegen. Auch ein Besuch ist noch nicht sinnvoll.
Die Nächte sind nicht allzu erholsam. Ich kann nur mit Tablette schlafen, und das auch nur stückweise; ich werde immer wieder von meiner Entzündung geweckt. Ich muss mich dann säubern, Hals spülen, spucken von alles im Halbschlaf. Ein ganzer wäre viel besser.
Die Schlaftablette (wie auch meine üblichen Herzmedikamente) muss mit einem Hammer zerkleinert über Wasserspritze in den Magen gebracht werden. Schlucken kann ich ja nicht.
Nächsten Mittwoch komme ich nach Bad Münder in eine Klinik für Anschlussheilbehandlungen. Dort werde ich Essen, Sprechen, usw. neu lernen. Ich erwarte neue Heilimpulse (vielleicht neue Salben und Spülungen), weil ich ja seit 3 Wochen immer wieder dasselbe nehme. Die Klinik ist 333 km weit weg in der Nähe von Hannover; eine kleine Klinik, spezialisiert auf HNO und Onkologie (Krebs), daher ideal für meinen Fall. Es ist mir etwas bange vor den ersten Tagen von ich habe immer eine Art Anpassungsdepression (in der Berliner Klinik, die ersten zwei Tage zu Hause, ...). Aber ich weiß, dass sich die meisten Kurteilnehmer nach einigen Tagen sehr wohl fühlen von so erwarte ich, dass Gott es auch mir schenkt. Meine Frau fährt mich hin und wird einige Tage bleiben, gerade diesen Anfang zu überwinden.
Sie ist sagenhaft. So eine aufopferungswillige und -fähige Frau habe ich nur bei meinem Vater gesehen (meine Stiefmutter hat ihn jahrelang gepflegt). Sie lässt alles stehen, wenn ich sie brauche (z.B. für die Deutschkorrektur dieser neuen Seite). Es ist schwer, sie nicht zu missbrauchen. Das ist für mich aber eine Zusatzmotivation, mich zusammenzureißen und nicht alles von ihr machen zu lassen. Auch viele aus der Gemeinde sind sehr hilfsbereit von es ist wunderbar, wenn Gott einen mit solchen liebenden Menschen umgibt.
Von wegen Gott: Selbst wenn ich glaube, dass dieses ganze Prozedere mir zum Besten dient, jetzt mitten drin ist es nicht einfach, sich immer daran festzuhalten. Manchmal erwischen mich ganz schlechte Gedanken: Was, wenn alles umsonst ist (medizinisch habe ich 80% Chance für Tumorfreiheit), die ich dann schwer bremsen kann. So, dass wer beten kann, tue das bitte, dass ich in den Details auch bei Gott bleibe und von ihm meine kleinen Hilfen im Alltag auch erwarte und erhalte.
Im Moment ist es recht ruhig zu Hause, zumal die zwei Jungs auf einer Skifreizeit sind. Nächste Woche geht wieder die Schule los. Dann bin ich allerdings selber bald weg. Die eine Tochter schreibt ihre ersten Klausuren in Freiburg, die andere macht gute Fortschritte in Toronto. Sie kommt früher als geplant schon im August zurück. Zuvor haben meine Frau und ich noch einen Flug gebucht, um 2 Wochen Urlaub zu verbringen von bis dahin muss ich unbedingt wieder ein ganzer Mensch werden.
Ich weiß nicht, wie es in der Klinik mit Internet aussieht, so dass ich möglicherweise für einige Wochen mit diesen Seiten Pause mache.
Bis dann.
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
es ist wieder Zeit für ein Update. Obwohl es gar nicht so viel Neues gibt, hier ist ein aktueller Statusbericht.
Die Rehabilitationsklinik hat sich leider nicht bewährt. Ich habe damit definitiv zu früh angefangen. Innerhalb von zwei Tagen wurde es offensichtlich, dass ich noch nicht so weit bin. Die anderen Patienten waren in ihrem Heilungsprozess schon viel weiter fortgeschritten als ich. Einerseits konnte ich überhaupt nicht sprechen: Sobald meine Frau weggefahren wäre, wäre ich mutterseelenallein geblieben. Andererseits kann ich noch überhaupt nicht essen, was in so einer Reha-Klinik eine der Haupttätigkeiten ist. Es gab ein tolles Buffet dreimal am Tag, die Menschen sind einander am Tisch begegnet, haben miteinander Freundschaften geschlossen – da wäre ich aus dem allen ausgeschlossen geblieben.
Im Gegensatz zu dem Krankenhaus in Berlin, wo ich meine Therapie bekommen habe, kümmern sich hier die Ärzte und Pfleger gar nicht so intensiv um die Patienten, sondern das ganze ist so eingerichtet, dass man sich selber holt, was man braucht. Ich war noch überhaupt nicht so weit. Selbst heute, 2 Wochen später kümmert sich meine Frau um vieles, was ich brauche und hilft mir sehr viel, auch seelisch aufrecht zu stehen. Dort alleine hätte ich eine Depression bekommen.
Auch die angebotenen Trainingsprogramme wären für mich ungeeignet. Ich habe eigentlich weder eine Schluck- noch eine Sprechstörung, wogegen es Therapien gibt. Ich muss lediglich abwarten, bis die Wunden von der Bestrahlung im Mund und im HNO-Bereich abgeheilt sind. Das hätte man dort in der Klinik auch nicht beschleunigen können.
So sind wir nach zwei Tagen abgereist und seit dem versuche ich zu Hause, die
Folgen der schweren Therapie zu überwinden. Es geht langsam, leider viel zu
langsam vorwärts. Manchmal ist es bedrückend, wie langsam. An anderen Tagen, wo
das Vorwärtskommen offensichtlicher ist, geht es mir besser.
Insbesondere meine Zunge ist ein ganzes Stück besser geworden, ein bisschen kann
ich schon reden (eher in den Vormittagsstunden), aber am Telefon ist das noch
recht unverständlich. Die Wunden von der Bestrahlung an der Seite (als ob meine
Zähne eingebrannt wären) sind noch da, aber nicht mehr so schmerzhaft, wie vor
zwei Wochen.
Nicht so gut sieht es aus mit meinem Hals, wodurch ich immer noch nur sehr schwer einen Schluck Wasser oder einen Teelöffel Schokosoße runterdrücken kann. Es tut weh und es schleimt sehr intensiv. Ich muss ständig spülen und säubern, und ich habe einen trockenen Mund. So muss ich immer noch über mein PEG (Magensonde) künstlich ernährt werden. Obwohl ich mich langsam dran gewöhne, täglich 4 x 1 Stunde mit dem Rucksack (mit Nahrungstüte und Pumpe drin) zu verbringen, ist es immer noch ziemlich lästig. Auch alles Wasser muss so eingeführt werden, Medikamente, alles.
Mein größtes Problem ist jedoch mein Schlaf. Weil meine Nase infolge der abheilenden Wunden immer mehr oder weniger voll ist, kann ich nicht richtig atmen. Einschlafen kann ich nur mit Schlaftablette, und dann wache ich bald auf einen offenen und total ausgetrockneten Mund auf. Wieder spülen, säubern, einschlafen – eine aufreibende Tätigkeit während der Nacht. An manchen Abenden wie vorgestern gelingt es mir, meine Nase zu freizublasen, und dann wache ich spät in der Früh mit dankbarem Herzen auf. Gestern war es leider nicht der Fall.
Ansonsten verbringe ich meine Tage viel mit Tippen. Ich chatte mit Freunden und unseren Kindern über Skype, schreibe Emails und Briefe und kommuniziere mit meiner Frau: Sie setzt sich neben mich, liest, was ich in meinen Laptop eintippe und antwortet mündlich. Wir erfahren eine ganz neue Ära unserer Ehe. Kommunikation war immer schon ein Problem zwischen uns; jetzt hat die Krankheit Dämme durchbrochen, wir können alte Geschichten und Tabuthemen ausgraben, durchdiskutieren und kommen sogar zu gemeinsamen Lösungen. Gott hat viel an meinem Herzen geändert: Jetzt kann ich viele dieser Probleme mit einem ganz anderen Auge sehen und vieles tut mir sehr leid, was ich schlecht gemacht habe. Unsere Ehe war noch nie so gut wie jetzt. Wir beten, dass dieser Zustand auch nach meiner völligen Wiederherstellung andauert, woran wir fest glauben.
Das Urteil wird am 22. April gesprochen. Eine Woche zuvor wird das MRT gemacht, und die HNO-Ärztin der Virchow-Klinik wird es mit uns besprechen und sagen, ob der Tumor vollständig verschwunden ist oder noch was da ist (was noch nichts Schlimmes bedeuten muss). Wir beten für das Erstere. Wer es kann, tue bitte dasselbe.
Mit vielen Grüßen
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
von den 6-8 Wochen, nach denen es einem wieder gut gehen sollte, sind nun 7 um – heute vor 49 Tagen habe ich meine letzte Bestrahlung bekommen. Vom Gutgehen noch keine Spur, selbst wenn ich mich in der Zwischenzeit in einigen Bereichen doch ganz gut erholt habe.
Hierzu gehört meine Zunge, die nicht mehr schmerzt, und ein bisschen kann ich auch schon sprechen. Noch nicht ganz, weil es im Mund noch andere Probleme gibt – wo ich das Gutgehen noch sehr vermisse. Insbesondere mein Hals ist noch nicht in Ordnung, so dass das Essen leider immer noch nicht geht – ich werde nach wie vor künstlich über einen Magenschlauch im Bauch ernährt. Es ist schon eine lästige Angelegenheit, täglich viermal 1½ Stunden an die Pumpe angeschlossen zu sein. Freilich, mit dem Rucksack immer noch viel besser als am Anfang mit dem Infusionsständer, trotzdem, wenn das einen beträchtlichen Teil meines Tagesprogramms ausmacht, und das schon seit 7 Wochen, ist es doch frustrierend, oder?
Unangenehm ist ein Infekt, der mich vor 2 Wochen ziemlich zurückgeworfen hat; zurzeit grassiert er, meine Frau oder die Jungs haben ihn mir heimgeschleppt. Ich brauche jetzt Antibiotika, die mir einen elenden Mundgeschmack und andere Nebenwirkungen verursachen. Worüber ich dankbar bin, dass meine Nase nicht mehr so verstopft ist, wie vor einer Woche – ich habe darunter furchtbar gelitten, konnte nicht ordentlich schlafen, habe ständig gejammert. Ich habe Gott auch oft gebeten, dass er endlich was tut, das ist nicht auszuhalten – und jetzt hat Er schließlich reagiert. So kenne ich Ihn gar nicht: In der Vergangenheit hat Er mir ein phantastisches Leben geschenkt, war immer verfügbar, erfahrbar – das ist jetzt nicht der Fall. Das ist frustrierend, aber ich bin nicht der einzige, der Ihn so erlebt. So kann ich mich ein ganzes Stück mit Hiob aus der Bibel identifizieren, der freilich noch viel mehr zu leiden hatte als ich, ich habe schließlich keine großen Schmerzen, bin eher bloß ungeduldig. Es gibt zahlreiche Gläubige, die eng mit Gott leben und von ähnlichen Erfahrungen berichten. Sie bezeugen, woran ich auch fest glaube, dass dies alles einen höheren Sinn hat und schließlich – ähnlich wie bei Hiob – zu noch etwas Besseren führt. Nur halt wenn man mitten drin sitzt, ist es nicht ganz einfach, sich an diesem Glauben festzuhalten.
Familiär geht es uns bestens. Meine Frau sorgt für meine Bedürfnisse mit einer unglaublichen Hingabe, wofür ich ihr sehr dankbar bin. Unser Jüngster hat in Erdkunde den Schulwettbewerb gewonnen, im Berlin-Wettbewerb ist er achter geworden. Der andere Sohn hat heute die letzte Schularbeit seines Lebens geschrieben, jetzt fängt das Abitur-Lernen an. Unsere jüngere Tochter hat mit Erfolg ihr erstes Semester in Freiburg abgeschlossen, nächste Woche kommt sie für die Ferien heim. Und unsere Älteste genießt Toronto nach wie vor, selbst wenn ich schon etwas Heimweh beim Chatten über Skype erspüre.
Seid ganz herzlich gegrüßt
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
vor zwei Wochen habe ich gemeldet, „vom Gutgehen noch keine Spur“. Gott sei Dank, in der Zwischenzeit ist ein kleiner Durchbruch passiert, die zwar teilweise durch Rückschläge etwas gemindert wurde, aber im Wesentlichen bin ich jetzt deutlich weiter.
Das Entscheidende ist, dass es mit dem Essen ganz plötzlich und unerwartet losgegangen ist. Während ich bis letzte Woche durch den Mund täglich nur ein paar Schluck Wasser zu mir nehmen konnte, habe ich jetzt angefangen, richtige Speisen zu essen. Letzte Woche hat meine Frau für die Kinder einen Topf Wirsing (mit Kartoffeln und Würstchen) gekocht, eins meiner Leibgerichte. Ich habe riesige Lust bekommen, zumindest die Brühe zu probieren. Gleich der erste Löffel hat mir so gut geschmeckt, dass es ein richtiger Genuss war. Schlucken fiel mir etwas schwer, und es war körperlich so erschöpfend, dass ich hinterher kaum schnaufen konnte. Dann habe ich den nächsten und den nächsten Löffel gegessen, es ging immer besser, und am besten haben die Wirsing-Fetzchen darin geschmeckt, die ich zerkaut und auch geschluckt habe. Das war ein Erfolgserlebnis!
Seitdem habe ich mit viel Genuss auch einen Teller Nudelsuppe gegessen (mit nur sehr wenig Nudeln, wohl aber mit Mohrrüben), eine Hühnerbrühe mit Ei – alles was so deftig schmeckt, tut mir gut. Ich bin dafür richtig dankbar.
Der andere Bereich, wo ich einen Durchbruch erlebt habe, ist der Schlaf. Schon seit der Zeit in der Klinik kann ich nur noch mit Tablette schlafen, und ich war besorgt, dass ich davon immer mehr brauche und abhängig werde. Tatsächlich, nach der anfänglichen halben Tablette zum Einschlafen ist es mehr geworden: Wo ich in der Nacht aufwache, brauche ich noch ein Viertel, sonst kann ich nicht weiterschlafen, und das schon fast zweistündlich. Hier habe ich wiederum überraschenderweise eine Wende erfahren, und ich schlafe seit einigen Tagen mit einer reduzierten Menge (insgesamt kaum mehr als eine halbe) so gut, wie schon lange nicht mehr. Ein Wunder, könnte man sagen, und ich bin wiederum dankbar. Mein nächstes Ziel ist es, ganz von der Tablette wegzukommen.
Diese körperlichen Angelegenheiten wirken sich auf meine Psyche aus: Wenn ich merke, es kann sich aufwärts entwickeln, geht es mir gleich auch besser. Meine Bedrücktheit und Ungeduld sind wie verflogen und ich bin in guter Zuversicht, in der nicht allzu fernen Zukunft wieder gesund zu werden.
Natürlich ist noch nicht alles gut. Meine Nase geht immer wieder zu und mein Mund ist manchmal enorm trocken. Meine Sorge um das endgültige Ergebnis am 22. April bedrückt mich natürlich auch. Ist der Tumor ganz verschwunden oder verursacht der Rest die Probleme in meiner Nase? Eine Woche zuvor wird ein MRT gemacht, da wird die Antwort sichtbar.
Seid ganz herzlich gegrüßt
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
mit dem neuen Update wollte ich den 22. April abwarten, wo ich das Ergebnis des MRT von letzter Woche hätte mit bekannt geben können. Heute hat aber die Assistentin der HNO-Chefärztin angerufen, dass das MRT nicht vollständig ausgewertet werden kann, es muss noch eins von der Schädelbasis gemacht werden. Meine Frau meint, dass das keine so gute Nachricht ist: Es kann durchaus bedeuten, dass der Tumor durch die Schädelbasis durchgedrungen ist.
Nun warte ich auf einen neuen MRT-Termin. Die Urteilsverkündigung wurde also verschoben. Ich kann nicht leugnen, dass es mir bange ist.
Ansonsten ging es mir in den letzten Wochen teilweise spektakulär besser. Ich ernähre mich immer mehr selber und immer weniger künstlich, obwohl mein Geschmacksinn noch nicht wiederhergestellt und das Essen eher ein Kampf und harte Arbeit als Genuss ist.
Gut sieht es auch mit meiner Bewegung aus: Ich mache täglich einen halb- bis einstündigen Spaziergang mit unserem Hund; neuerdings nehme ich auch meine Nordic-Walking-Stöcke mit, so dass es mit etwas Wohlwollen auch als Sport bezeichnet werden kann. Ich merke aber, dass es mir leichter fällt und meine Beine und Arme auch kräftiger werden. Während der Therapie habe ich ja enorm viel Muskulatur abgebaut, jetzt kommt sie langsam zurück.
Von der Schlaftablette bin ich fast ganz weggekommen, etliche Nächte habe ich schon ganz ohne geschafft.
Das einzige, dessen Verbesserung noch zu wünschen übrig lässt, ist meine Nase. Sie wird immer wieder verstopft, besonders in der Nacht. Ich erhalte dann kaum Luft und bekomme sie auch nicht frei. Hier werde ich wohl um eine kleine Operation nicht herumkommen, um die Durchgänge zu erweitern, wenn ich krebsfrei bin. Diese ist jetzt leider in die weitere Ferne gerückt.
Das Gute ist, dass ich in all diesen guten und schlechten Entwicklungen Gottes Nähe deutlich wahrnehme. Wenn ich sie aus Seiner Hand nehmen kann, bin ich für das Gute dankbar und kann das Schlechte Ihm anvertrauen. Er weiß am Besten, wie es weiter gehen soll.
Seid ganz herzlich gegrüßt
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
die Urteilsverkündigung ist wieder verschoben worden. Angeblich wegen des Feiertags wurde mein MRT noch nicht ausgewertet (obwohl es letzten Montag angefertigt wurde). Ich weiß also immer noch nicht, ob die Strahlentherapie erfolgreich war oder noch Reste des Tumors vorhanden sind. Einen neuen Termin habe ich noch nicht.
Ich weiß gar nicht, wie ich darauf reagieren soll. Am liebsten würde ich mich hinlegen und schlafen – verkriechen, mich von dieser Welt zurückziehen.
An der anderen Seite weiß Gott sehr wohl, was er tut; ich halte mich nach wie vor fest daran, dass Er sich das Ganze gründlich überlegt hat. Ich habe das Vertrauen, dass Er das gut mit mir meint. Auch wenn ich im Moment nichts davon sehe.
Ich melde mich wieder an dieser Stelle, wenn ich mehr weiß.
Seid gegrüßt
Andreas Solymosi
Liebe Freunde,
die gute Nachricht kam heute unerwartet: Ich habe immer noch keinen neuen Termin in der HNO-Klinik und damit auch noch keine "offizielle" Auswertung der beiden kürzlich gemachten MRTs. Wir waren aber heute zur Wiedervorstellung in der Strahlentherapie. Der dortige Leiter hat sich die Bilder kurz angesehen und war höchst zufrieden. Er ist der Meinung, dass die Therapie optimal angeschlagen hat. Es gibt zwar noch ein 2x2 cm großes Areal, das Tumor sein könnte, aber ebenso gut auch Stützgewebe des Tumors, das sich in den nächsten Monaten auflösen wird. Genaueres wird man nach einem erneuten MRT in ca. einem halben Jahr wissen. Wir sind sehr, sehr dankbar und tief bewegt von Gottes Güte. Die Gebete der Vielen waren nicht umsonst.
Natürlich fühle ich mich sehr erleichtert, aber gleichzeitig auch äußerst erschöpft. Offenbar war die Spannung groß. Ich hoffe, dass die neue Situation mir auch in der Überwindung der Auswirkungen der Therapie Aufschwung geben wird. Da gibt's noch viel zu tun: Mein Gewicht sollte ich in die Nähe des Alten bringen (d.h. gut 5 Kilo zunehmen), aber das Essen fällt mir schwer und mein Geschmackssinn ist ziemlich zerstört. Aber täglich gehe ich mit unserem Hund für eine halbe Stunde spazieren, meine Kräfte kommen also langsam zurück. Das größte Problem macht mir meine Nase, die sich immer wieder verstopft und ich dann schwer oder gar keine Luft bekomme von ich werde auch im Schlaf gestört. Aber ich brauche keine Tabletten mehr, wofür ich sehr dankbar bin.
Insgesamt fühle ich mich nach wie vor von Gott getragen von es lohnt sich, sein Vertrauen auf Ihn zu setzen.
Herzliche Grüße
Andreas Solymosi