Anfang: 13. November 2008

Update: 7. Dezember 2008


Fürs Wochenende bin ich unter Auflagen freigelassen worden. Ich bin also auf Heimgang. In der ersten Woche der Therapie haben wir nur den elektrischen Stuhl geübt: Ich bin (mit Hilfe einer extra für mich angefertigten Maske) für 15 Minuten bis zur Unbeweglichkeit festgenagelt worden und mit den verschiedensten lila, pink und unsichtbaren Strahlen beschossen worden. Das Unangenehmste dabei ist, wo kleine blaue Atombomben in meinem Gehirn explodieren, beispielsweise wo so ein Atomstrahl den Sehnerv erwischt. Aber der eigentliche Henker kommt erst morgen. Er wird sein Foltergefäß (einen Port) in meine Brust einpflanzen und seine Säuren und Laugen in meinen Körper schenken, damit sie mich von innen zerätzen und zerfressen. Natürlich nur den schlechten Teil von mir. Auf Deutsch: Die Chemotherapie fängt (teilweise aus organisatorischem Chaos heraus) erst in der zweiten Woche an. Daher weiß ich nicht, ob ich nächstes Wochenende auch noch meine morbiden Bewältigungswitze ins Internet stellen werde, aber im Moment geht es mir noch – obwohl körperlich eher solala – hervorragend. Die Beschwerden sind vor allem Nebenwirkungen der Strahlungstherapie: Kopfschmerzen, verbranntes Gesicht, voller Nase, schlechter Schlaf. Habt ihr schon mal Sonnenbrand im Mund innen drin gehabt?

Es heißt, ich soll darauf achten, dass ich kein Gewicht verliere. In den letzten zehn Jahren habe ich mich bewusst trainiert, um meinen Bauchumfang im Rahmen zu halten: Zuerst habe ich aufs dritte Brötchen beim Abendessen verzichtet, dann aufs zweite, dann auf die zweite Hälfte. Jetzt muss ich umgekehrt: Ich greife zu den dicksten Butter-Sahne-Käse-Schwarzwälder Kuchen mit dreichfach-Schokosoße, um genügend Kalorien zu mir zu nehmen. Das Problem ist: Es schmeckt nicht. Mit verbrannter Mundschleimhaut ist die beste Speise ungenießbar. Ich muss jeden Biss bewusst herunterdrücken und hinterher habe ich ein unangenehmes Völlegefühl. Ich soll aber schauen, dass ich kein Gewicht verliere. Das alles soll allerdings das Schlimmste im Laufe dieser Therapie sein.

Das Körperliche bleibt also im Rahmen, seelisch fühle ich mich – gemessen an den Umständen – wirklich außergewöhnlich hervorragend. Ich bin sehr dankbar, dass ich Gottes Gegenwart (auch 15 Minuten lang festgenagelt im Mevatron, der Bestrahlungsmaschine) deutlicher als je wahrnehme. Einer der Kanäle, wie Gott mir seine Liebe offenbart, ist die große Anzahl von Mitgefühlbekundungen: Eine Postkarte, die alle Studenten eines Kurses unterschrieben; zahlreiche E-Mails (manche sind nur zufällig auf meine Internetseite gekommen), SMSe, Klinikbesuche, Anrufe aus allen Teilen der Welt zeugen davon, dass es Menschen gibt, denen mein Wohlergehen nicht gleichgültig ist. Ich bin noch nie so oft umarmt worden. Stellt euch vor, meine Hautärztin; sie kommt ins Behandlungszimmer, auf mich zu und drückt mich. Im ersten Moment war ich recht verblüfft, dann hat es sich aber herausgestellt, sie hat es von ihrem Bruder gehört und sie beten für mich. Ist das nicht schön? Kein Wunder, dass es mir seelisch gut geht. Wie lange, weiß ich nicht; es kann sein, dass es nächste Woche mit der Chemo ein Elend sein wird. Aber ich weiß, dass auf einer noch tieferen, der geistlichen Ebene ich von Gott genauso getragen werde. Deswegen habe ich keine Angst sondern stehe ich dem Kommenden mit großer Zuversicht entgegen. Zu Gottes Ehre.

Wer regelmäßig beten möchte, kann von meiner Frau aktuelle Gebetsanliegen bekommen: ingrid@solymosi.com

Wer über meine Updates in Zukunft benachrichtigt werden möchte, melde sich an der Adresse a@solymosi.com

Ich grüße euch alle ganz herzlich

Andreas Solymosi


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